Positive Gedanken

Wie klappt das mit den positiven Gedanken?

Hand aufs Herz: Wie würdest du deine Gedanken beschreiben? Größtenteils positiv? Optimistisch? Geprägt von Dankbarkeit für all die guten Dinge in deinem Leben? Wenn wir ehrlich zu uns sind, wahrscheinlich eher nicht. Gibt es überhaupt jemanden, der so positiv denkt? Bei der Anzahl an Büchern und Coachings, die zu diesem Thema angeboten werden, gibt es wohl bei vielen Menschen Verbesserungsbedarf. Ein bekanntes Buch zum Thema positive Gedanken habe ich Ende letzten Jahres “gehört” – ursprünglich erschienen ist es aber lange vorher. In “The Secret” von Rhonda Byrne geht es darum, mit positiven Gedanken die Geschehnisse im Leben zu beeinflussen. Die Theorie: je positiver man denkt, je mehr Dankbarkeit man fühlt und ausdrückt, je ausgiebiger man sich die eigene Zukunft vorstellt, desto höher die Chance, dass diese Gedanken, Wünsche und Träume in Erfüllung gehen.

Hat man schon oft gehört, oder? Klingt auch einfach logisch. Teilweise finde ich die Beispiele im Buch schon ein bisschen überspitzt wenn es darum geht, wie Menschen mit Gedanken an einen großen Scheck zu Reichtum gekommen sind. Aber die Theorie ergibt für mich erstmal absolut Sinn. Und ich wette für viele andere, die das Buch gelesen oder den Film geschaut haben, auch. Aber was passiert nachdem man sich einem solchen Schatz an magischen Geschichten und Eindrücken gewidmet hat, stundenlang nickend und staunend zuhört bzw. liest, was alles möglich ist, wenn man nur fest genug daran glaubt. Genau, nichts. Es reicht scheinbar nicht zu wissen, wie es “grundsätzlich” funktionieren könnte. Auch wenn die positiven Beispiele noch so eindrücklich und authentisch beschrieben sind und man sich wirklich vorstellen kann, das jemand durch positive Gedanken eine schlimme Krankheit abgewendet und wieder auf die Beine gekommen ist.

Warum fällt es uns dann so schwer, einen Praxisbezug herzustellen? Weil wir uns dafür nicht genug Zeit nehmen. Zeit, das Gehörte oder Gelesene auf uns zu beziehen. Mitzuschreiben. Uns wichtige Passagen zu merken. In die Umsetzung zu gehen. Manchmal besteht der Unterschied zwischen Lesen und Anwenden nur darin, sich einen einzigen Satz aufzuschreiben und zu verinnerlichen. Das ist wie mit den Zusammenfassungen für Uniklausuren. Da lernt man die Hälfte von allem beim Verfassen der Zusammenfassung. Auf einem Blatt Papier, in der eigenen Schrift.

Am besten wäre wohl, wenn es auch für solche Bücher ein passendes Übungsbuch gäbe, in dem man Fragen beantworten und Lückentexte ausfüllen muss. Aber diese Art Hausaufgabe würde wohl erst recht niemand machen. An dieser Stelle möchte ich nicht leugnen: ich mache damals wie heute meine Hausaufgaben sehr gewissenhaft und finde doch immer wieder Vorteile des fleißigen Streberdaseins (Hashtag #sorrynotsorry). Spaß beiseite: ich möchte an dieser Stelle teilen, mit welchen fünf “Aufgaben” ich die Einsichten aus dem Buch für mich übertragen und verinnerlicht habe. Zum abpauschen und mitschreiben. Vor allen Dingen mitschreiben. 

1. Schreib es auf: das Gedankenprotokoll

Was machen Gedanken, wenn sie im Kopf rum schwirren? Sind sie greifbar? Gut einzuschätzen und einzugrenzen? Kontrollierbar? Nein, alles nicht. Gedanken, die im Kopf rum schwirren, tun vor allen Dingen eines: sie nehmen ganz schön viel Platz ein. Was macht man dagegen? Man schreibt sie auf. So roh und ehrlich und doof sie sich anhören. Man bringt sie einmal zu Papier um sie sich genau anzuschauen.

Genau das habe ich vor einiger Zeit zum ersten Mal gemacht. Ich habe angefangen, mir meine Gedanken aufzuschreiben. Ja, die negativen. Die, die sich nach der Transaktionsanalyse auf der Kinds-Ebene befinden und sich so richtig unzufrieden und beleidigt anhören. Kindisch eben. Petra Bock nennt diese Gedanken in ihren Büchern auch Mindfuck. Damit meint sie negative Gedanken, die wir uns täglich immer wieder vor Augen führen und verinnerlichen. Ich gebe zur Veranschaulichung mal ein konkretes Mindfuck-Beispiel aus meinem Leben, das mich lange davon abgehalten hat, einen Blog zu schreiben. 

Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen Blog zu schreiben. Mir ein kreatives Outlet zu schaffen, das ich neben meinem Beruf betreiben und nach meinen Wünschen gestalten konnte. Die Domain joytention.de hatte ich bereits im März 2019 gekauft, die ursprüngliche Blog-Idee habe ich bestimmt schon seit 2018 im Kopf. Was mich abgehalten hat, sind unter anderem diese zwei Mindfuck-Gedanken:

“Wenn ich einen Blog schreibe, mache ich nur, was alle anderen auch machen – da werden alle sagen: ach die Hannah meint jetzt auch Bloggerin werden zu müssen.”

“Ich habe gar keine Zeit für einen Blog”

Diese zwei Gedanken haben mich über Monate davon abgehalten, einfach mal zu machen. Mehr braucht es nicht. Und sie hören sich noch nicht mal so schlimm an. Das Problem war, das ich sie nicht verarbeitet habe. Sie kamen immer mal wieder auf, schwirrten dann im Kopf rum und haben mich bestärkt, noch zu warten. Auf die richtige Zeit, die richtig gute Idee, den Startschuss. Bis ich sie irgendwann aufgeschrieben und mit meiner Coachin darüber gesprochen habe. Die hat mich dann gefragt, was passieren würde, wenn ich mit dem Blog starte. Meine Antwort: nichts.

Es konnte gar nichts passieren. Im schlimmsten Fall klappt es nicht. Macht mir keinen Spaß. Dann halt nicht. Damit war der Gedanke aber dann verarbeitet. Sobald er wieder aufkam, kannte ich die Antwort schon. Er fühlte sich im Kopf dann nicht mehr so wichtig an, nahm nicht mehr so viel Platz ein. Einfach, weil ich ihm einmal für ein paar Minuten volle Aufmerksamkeit geschenkt habe. Mich gefragt habe, was schlimmstenfalls passieren kann. Ob das, was ich mir gedanklich ausmale, wirklich stimmt. Das ganze dauert 5 Minuten. So schnell hat man einen negativen Gedanken entwaffnet. Das ist das “Expelliarmus”, das kleine 1×1 der Zauberschule, für alle, die damit etwas anfangen können.

2. Ein Vision Board zum Mitnehmen

Wenn ich den Begriff “Vision Bord” höre, denke ich direkt an Collagen aus ausgeschnittenen Zeitungsschnipseln. So wie früher auf dem College Block oder dem Freundebuch. Daher habe ich wohl auch lange nicht angefangen, ein Vision Board zu erstellen. Weil ich weiß, dass ich in der Klatsch -und Tratsch-Presse die für mich passenden Bilder gar nicht finden würde. Hier muss aber jeder die Version finden, die zu ihm passt. Ich nutze wie in meinem Blogpost zum Traumjob beschrieben gerne Pinterest. Beim Öffnen der App erscheint sofort ein auf mich zugeschnittenes Vision Board, weil Pinterest sich so schön merkt was mir gefällt und vorausschaut, was mir darauf basierend noch so gefallen könnte. Ich merke mir dort alles von Rezeptideen über motivierende Sprüche bis hin zu Badezimmer-Armaturen in Roségold – die habe ich dann parat, sobald ich mal in den Genuss komme, ein Badezimmer einzurichten.

Seit diesem Jahr habe ich aber auch ganz gezielt ein Vision Board à la “the Secret” erstellt. Eins mit Traumhäusern und Stadt-Wohnungen, ausgefallenen Büroräumen und Outfits, die mein 35-jähriges Ich zum Yoga und zur Arbeit trägt. Im Buch wird an einem Beispiel beschrieben, wie jemandem nach Jahren ein altes Vision Board beim Umzug in die Hände gefallen ist und darauf genau die Art Haus abgebildet war, das die Person gerade gekauft hatte. Auch hier wieder: das Beispiel ist vielleicht etwas überspitzt, aber die Grundidee kaufe ich. Weil wir genau die Gedanken und Bilder nähren, die wir uns regelmäßig vor Augen führen. Und dann ganz automatisch Entscheidungen und Wege einschlagen, die zur Verwirklichung dieser Bilder führen. Vielleicht stolpere ich irgendwann nochmal über diesen Satz wenn ich in Lululemon-Aufzug mein rosé goldenes Badezimmer betrete. 

3. Dankbarkeit üben mit einem Gratitude Journal

Was ist das Gegenteil von Angst? Nein, es ist nicht Mut. Es ist Dankbarkeit. 

Wofür bist du dankbar? Wie oft bist du dafür dankbar? Und was ist dir heute passiert, wofür du dankbar bist? Bestimmt hast du auch schon mal von dem 6-Minuten-Tagebuch gehört. Das habe ich Anfang des Jahres in meine Morgenroutine aufgenommen und seitdem auch recht diszipliniert durchgezogen (oder zumindest immer wieder damit angefangen). Kurze Beschreibung: man nimmt sich Morgens drei Minuten Zeit um aufzuschreiben, wofür man dankbar ist, was man sich für den Tag vornimmt und welcher positive Glaubenssatz an diesem Tag im Vordergrund stehen soll. Abends nimmt man sich wieder drei Minuten, um eine gute Tat aufzuschreiben, die man an diesem Tag vollbracht hat, zu reflektieren, was hätte besser laufen können und welche drei positiven Dinge man erlebt hat. Einmal in der Woche gibt es ein paar tiefere Fragestellungen und einmal im Monat einen Check-in zum allgemeinen Wohlbefinden. Ich finde es nun manchmal sehr spannend zu sehen, was ich zu einer bestimmten Zeit in das Buch geschrieben habe und kann sehr gut nachempfinden, wie es mir an diesem Tag gerade ging und in welcher Situation ich war.

Im Frühjahr zum Beispiel habe ich mich oft gefreut, dass die Tage länger wurden, die Sonne öfter schien und ich Anfang des Jahres bereits ein paar lange Wochenenden geplant hatte, die nun bevorstanden. Vor allem aber ergeben sich beim Durchblättern der ausgefüllten Seiten Muster in puncto Dankbarkeit. Hier mal ein Auszug aus den Dingen, für die ich dankbar bin und die sich in meinem Buch oft wiederholen: Ich bin dankbar für meine tolle Beziehung, die trotz der Distanz zwischen Bremen und Köln im letzten Jahr so stark geworden ist. Für meinen gesunden Körper und die Möglichkeit, mich sportlich zu betätigen. Gerade in diesem Jahr habe ich mit Yoga und Crossfit viele neue Sachen ausprobiert, die mir ein ganz neues Körpergefühl gegeben haben. Für meine Familie, die jedes Mal wenn ich nach Hause komme ein Fest veranstaltet, und immer wieder in Perspektive rückt, worauf es im Leben ankommt. Dafür dass ich schöne Reisen machen, neue Sachen ausprobieren und mich beruflich weiterentwickeln kann.

Diese ganzen Aspekte kann ich mit vielen konkreten Beispielen aus meinem 6-Minuten-Tagebuch untermalen und das ist wirklich wunderschön. Man braucht so ein Buch nicht, um sich diesen Dingen bewusst zu werden. Aber mir hilft es, regelmäßig daran zu denken und auch wirklich Dankbarkeit zu spüren. Weil die Zeit in der man ruhig dasitzt, atmet und bewusst an alles denkt, wofür man dankbar ist, ist für den Körper eine absolute Wohltat. Denn: Du kannst nicht gleichzeitig dankbar und angespannt sein. Du kannst nicht gleichzeitig dankbar sein und Angst haben. Und je öfter du dankbar bist, desto mehr signalisierst du deinem Körper, das alles gut ist und wird.

4. Sich selbst anfeuern mit positiven Affirmationen

Wer sich schon zum Thema Dankbarkeit informiert hat, ist mit Sicherheit auch schon auf den Tipp mit den positiven Affirmationen (zu deutsch: Glaubenssätze) gestoßen. Dabei geht es darum, die oben beschriebenen negativen Glaubenssätze auszuhebeln und stattdessen positive Aussagen zu treffen. Affirmationen sind auch Teil des 6-Minuten-Tagebuchs und fallen mir nach wie vor schwer. Ich finde es gar nicht so einfach, einen kurzen, motivierenden Satz zu formulieren, der sich nicht nach 0815-Motivations-Spruch oder Fußballparole anhört. Sowas wie “du kannst es schaffen”, aber persönlicher, konkreter und so, dass einem der Satz auch wirklich hilft. So in etwa:

Ich habe die Kraft meine Situation zu ändern.
Ich habe die passenden Kompetenzen, um beruflich erfolgreich zu sein. 
Ich habe gute Ideen. 
Ich kann mich auf meinen Partner verlassen. 
Ich bin nicht alleine. 
Ich bin gut in meinem Job. 
Ich kenne meine Stärken und vertraue, dass diese auch von meinem Umfeld wahrgenommen werden.
Ich bin auf dem richtigen Weg.
Die Erfahrungen, die ich jetzt mache, sind wichtig und werden mich weiterbringen.

Diese Glaubenssätze haben vielleicht nicht für jeden eine Bedeutung und hören sich hier und da sogar ein bisschen überheblich an. Daher ist es wichtig, dass man eigene Glaubenssätze für sich persönlich formuliert.

Mein konkretes Beispiel: Wenn ich sonntagabends Richtung Bremen fahre und sowohl meinem Freund, als auch meinem Kölner Umfeld, wieder für einige Tage oder Wochen den Rücken kehre, dann schießt mir schnell der Mindfuck-Glaubenssatz in den Kopf, der mich fragt, was ich mir eigentlich dabei gedacht habe, für einen Job nach Bremen zu ziehen. Für diese Momente lege ich mir dann die oben aufgelistete positive Affirmation zurecht: „Ich bin auf dem richtigen Weg.“ Diese versuche ich mir kontinuierlich vor Augen zu führen. Denn letztendlich kann der Weg nur der Richtige sein, wenn ich ihn dafür halte. 

5. Dinge die gut tun, aber nicht Netflix sind

Manchmal sind positive Gedanken mit bestimmten Aktivitäten oder Orten verbunden. Ich habe oft positive Gedanken bei der Laufrunde um den Rhein, bei einem Hafermilch-Cappuccino auf der Severinstraße oder bei meinem Lieblings-Podcast „Endlich-Om“ von Stefanie Luxat. Immer wieder fehlen mir aber auch gute Ideen für positive Belohnungen. Zum Beispiel wenn ich abends nach der Arbeit auf andere Gedanken kommen möchte und die einzig wirksame Belohnung für mich ein Netflix-Marathon ist, bei dem man Folge um Folge wunderbar abschalten kann – sich dann aber am nächsten Morgen gar nicht gut fühlt.

Ich habe es auch schon mit einer Yin Yoga Einheit probiert, die an dunklen Winterabenden wirklich toll ist und mich total entspannt – aber eben nach einem blöden Arbeitstag wirklich nicht hilft. Genauso wenig eine Gesichtsmaske. Sorry, aber echt nicht. Daher ist meine Liste der Dinge, die abends für gute Gedanken sorgen, noch recht dünn und ein “work in progress”. Aber ich habe generell schon mal eine Vorstellung davon, was mich auf positive Gedanken bringt und kann diese Dinge proaktiv planen. Wie zum Beispiel einen Teil meiner Arbeit bei einem Cappuccino auf der Severinstraße zu erledigen oder mich zum Yoga oder Crossfit fest anzumelden. Zumindest solange bis ich mich abends auf mein Meditationskissen setzen und die Sorgen des Tages einfach wegatmen kann.

Die Moral von der Geschicht: positive Gedanken sind absolut kontrollierbar und steuerbar. Wir haben unsere Gedanken, und somit einen Großteil der Geschehnisse in unserem Leben, selber in der Hand.

Ich habe in diesem Beitrag bestimmt nichts geschrieben, was dir nicht schon vorher zumindest in der Theorie bekannt war. Aber ich hoffe, dass ich die verschiedenen Aspekte mit persönlichen Erfahrungen anreichern konnte, die dich dazu ermutigen, dass ein oder andere davon auszuprobieren. Und am besten direkt – na was? Genau – aufzuschreiben.

Und: einfach mal zu machen. 

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