Warum Plan B mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte

Wie geht man gedanklich all-in ohne sich emotional abhängig zu machen?

Wie oft muss man sich im Leben gedanklich mit etwas auseinander setzen, das vielleicht nie passieren wird? In vielen Situationen sind diese Gedanken und Sorgen selbst kreiert. Da machen wir uns das Leben schwer, lange bevor etwas passiert. Und meistens passiert es dann gar nicht. Was aber, wenn wir gar nicht darum herum kommen, uns mit etwas zu beschäftigen, das noch sehr vage ist? Wie zum Beispiel ein neuer Job, eine neue Wohnung/ ein Haus, eigentlich alles, was in irgendeiner Form eine Bewerbung erfordert. Ein all-in. Ganz oder gar nicht. Dann sind wir gezwungen, uns vorher darüber im Klaren zu sein ob wir wollen oder nicht. Ob das der Job ist, auf den man sich wirklich bewerben möchte. Ob man sich in der Wohnung wohlfühlen würde.

Denn nicht selten wird man in solchen Prozessen ganz genau nach der eigenen Motivation gefragt. Den Hintergründen. Warum genau du der oder die richtige bist. Warum es so gut passt. Und ob du das, was gefragt wird, auch leisten kannst. Um das alles beantworten zu können, muss man sich vorher ganz schön viele Gedanken machen. Und wenn man dann das “go” für die Bewerbung gibt, muss man sich 100% sicher sein. Weil selten jemand einen Job kriegt, der “vielleicht” will. Und für eine Wohnung muss man in den meisten Fällen schon seit mindestens einem halben Jahr richtig wollen (zumindest in der Stadt).

Das Kopfkino kreiert schon mal den Plan A-Blockbuster

Man steht nun also “all-in” in den Startlöchern und schwirrt gedanklich und emotional irgendwo zwischen Nervosität, Spannung und Vorfreude. Und das Kopfkino spielt schon mal den neuen Weg zur Arbeit, die neugewonnene Verantwortung im Job oder den Moment durch, in dem man Freunden und Familie von der Neuigkeit berichtet. Da knallen die Korken, man schaut in begeisterte (und neidische) Gesichter und die Hintergrundmusik verspricht eine aufregende und bedeutende Zeit. Und da hört es nicht auf. In unseren Köpfen kreieren wir eine ganz neue Welt rund um diese potentielle Neuheit in unserem Leben. Richten schon mal gedanklich alles darauf aus, was wäre wenn. Und erwischen uns dabei, wie wir bei der Urlaubsplanung fürs nächste Jahr schon zurückschalten für den Fall, dass man eine neue Position antritt oder vielleicht gerade umzieht.

Unsere Gedanken richten sich völlig auf diese Option ein. Sodass zum Zeitpunkt x nur noch die Schublade aufgezogen werden muss und das neue Leben beginnen kann. Plan A ausgerollt werden kann. Doch was passiert, wenn diese Schublade dann nicht aufgeht? Wenn Plan B eintritt, der da ist, dass alles vorerst so bleibt wie es ist. Dann ist da ganz schön viel Potential für Enttäuschung. 

„Es hat nicht sein sollen“ und andere Weisheiten, die in solchen Momenten nicht weiterhelfen

Wie geht man nun gedanklich all-in ohne sich emotional abhängig zu machen? „Don’t get your hopes up“, fällt mir dazu als erstes aus dem Englischen ein. Sich erst gar nicht zu sehr mit Plan A beschäftigen, sich keine zu großen Hoffnungen machen, nicht schon planen, und erst mal davon ausgehen, dass es nicht klappt. Und sich lieber dann umso mehr freuen, wenn es doch klappt. Das Problem dabei: man gibt mit dieser Einstellung nicht 100%. Wer sich keine zu großen Hoffnungen macht, strahlt das auch leider aus. Die „ist-mir-egal-Strategie“ kann in manchen Situationen und an manchen Stellen des Prozesses zwar förderlich sein, ist aber im Zuge der immer steigenden Bewerberzahlen (sowohl auf Jobs, als auch auf Wohnungen und überhaupt alles erstrebenswerte) vielleicht nicht die beste. Und: Ich glaube ja, dass wir gar nicht anders können, als 100% zu geben (gedanklich, körperlich, emotional) wenn wir etwas wirklich wollen.

Ich finde ungeachtet des Outcomes für mich immer am wichtigsten zu wissen, dass ich alles gegeben und alles versucht habe. Wenn es dann doch nicht so kommt, wie ich mir gewünscht habe, na dann „hat es nicht sein sollen“. Und auch dieser Satz hat mir in solchen Situationen noch nie wirklich die Last von den Schultern genommen. Oder:„ Es wird noch etwas viel besseres kommen.“ Ja, ist mit Sicherheit alles richtig und hat die Erfahrung bisher auch immer wieder bestätigt. Hilft aber in dem Moment überhaupt nicht. Und warum? Weil „das was besser ist“ nämlich noch nicht Teil des Kopfkinos war. Der Film ist noch völlig unbekannt. Es gibt noch nicht mal einen Trailer für Plan B.

„Es kommt noch etwas viel besseres“ oder vielmehr: Es wird Zeit für einen guten Plan B

Was es meiner Meinung nach braucht, um in solchen Situationen nicht in ein tiefes Loch zu fallen, ist ein guter Plan B. Und den sollte man schon aufgeschrieben haben, bevor überhaupt eine Entscheidung getroffen wird. Darauf notiert man, was passiert, wenn das gewünschte Szenario nicht in Kraft tritt. Einen gut durchdachten Plan, der ganz bewusst und neutral aufgesetzt wird, bevor die Enttäuschung und Emotionen ihn negativ färben können.

Ein Plan, der so gut ist, das man gar nicht mehr genau weiß, für welchen man sich selbst entscheiden würde. Ein Plan, der Parameter beinhaltet, die du selber in der Hand hast. Zum Beispiel eine Liste mit fünf anderen Jobs und drei anderen Unternehmen, die dich interessieren würden. Vielleicht auch eine lange Reise, die du schon lange machen willst. Oder ein ganz neuer Stadtteil, in dem du bisher nicht geschaut hast. Ein grundsolider Plan B. Den schreibst du auf. Und legst ihn dann in eine Schublade. 

Dieser Plan wird im Zweifelsfall die Enttäuschung nicht verhindern, aber er bietet eine erste Anlaufstelle. Schafft Bewusstsein dafür, dass es noch andere Möglichkeiten gibt. Und gibt eine Kick-start Hilfe für das, was dann stattdessen kommen wird. Wer sich emotional unabhängig machen will, sollte diese Strategie vielleicht mal ausprobieren. Egal ob es nun um eine wichtige Entscheidung, eine Bewerbung oder die Planung für die nächsten Jahre geht. Wer Plan B, C und D schon in der Schublade hat, hat grundsätzlich einen weiteren Horizont, mehr Möglichkeiten zur Auswahl und vor allen Dingen den Kopf frei wenn die Emotion mal kurz überhand nimmt.

Wie könnte dein Plan B aussehen?

Ungeachtet dessen, ob du nun gerade in einem Bewerbungsprozess steckst, eine neue Wohnung suchst oder Pläne für die Zukunft machst. Überleg dir mal, ob du nicht auch gerade einem unbewussten Plan A hinterherläufst. Ob es bei dir auch Frustrationspotential gibt, wenn dieser so nicht in Erfüllung geht. Und dann hol doch einfach mal ein weißes Blatt Papier heraus und schreib ein paar alternative Wege auf – wenn auch erstmal spaßeshalber. Vielleicht merkst du dabei, wie viele Möglichkeiten das Leben für dich bereithält. Vor allem aber, das Plan A nicht der einzige ist.

Ich schlage vor: Schublade suchen und los geht’s.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert